EuGH will konkrete Pflichtangaben auf Kosmetikprodukten

449 299 ZENK Rechtsanwälte Partnerschaft mbB

07.01.2021

Konsumgüterrecht/Kosmetikrecht: EuGH konkretisiert Regelungen zu Pflichtangaben auf Kosmetikprodukten

Pflichtangaben für kosmetische Produkte müssen in der jeweiligen Landessprache und direkt am Produkt angegeben werden

Mit Urteil vom 17. Dezember 2020 (Aktenzeichen: C-667/19) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die nach der EU-Kosmetikverordnung (VO (EG) Nr. 1233/2009) erforderlichen Pflichtangaben zum Verwendungszweck des kosmetischen Mittels (Artikel 19 Abs. 1 lit. f) sowie zu den besonderen Vorsichtsmaßnahmen für den Gebrauch des kosmetischen Mittels und zu seinen Bestandteilen (Artikel 19 Abs. lit. d und g) in einer für die Adressaten verständlichen Sprache auf dem Produkt (Etikett, Verpackung oder beigefügter bzw. am Produkt befestigter Informationsträger) angegeben werden müssen. Es ist dabei nach Auffassung des EuGH nicht ausreichend, wenn lediglich ein Symbol auf der Verpackung oder dem Behältnis des kosmetischen Mittels auf einen dem Produkt nicht beigefügten Firmenkatalog verweist, der auch weitere Produkte enthält und zudem nicht in der Sprache des Landes verfasst ist, in dem das kosmetische Mittel dem Endverbraucher angeboten wird.

Die in Artikel 19 Abs. 2 der EU-Kosmetik-VO vorgesehene Ausnahme von den Kennzeichnungspflichten ist nach Auffassung des EuGH eng auszulegen. Diese Ausnahmeregelung ermöglicht es dem Anbieter, Pflichtangaben zu den besonderen Vorsichtsmaßnahmen und Bestandteilen des kosmetischen Mittels ausnahmsweise auf einem beigepackten oder am Produkt befestigten Zettel, Etikett, Papierstreifen, Anhänger oder Kärtchen aufzuführen, wenn es aus praktischen Gründen nicht möglich ist, diese Pflichtangaben auf dem Etikett zu kennzeichnen. In diesem Fall ist auf dem Produktetikett durch das in im Anhang VII Nr. 1 zur VO 1223/2009 vorgesehene „Handbuch-Symbol“ oder durch abgekürzte Informationen auf diese vom Etikett „ausgelagerten“ Pflichtangaben hinzuweisen.

Mit dieser Entscheidung konkretisiert der EuGH die zum Schutz der Gesundheit und der Verbraucher geltenden Regelungen zu den Pflichtangaben auf Kosmetikprodukten. Auch wenn sich die Entscheidungsgründe weitgehend mit den Fragen der Auslagerung und Positionierung der Pflichtangaben befassen, stellt der EuGH am Rande auch klar, dass die Pflichtangaben in der nach Artikel 19 Abs. 5 der VO 1223/2009 von den Mitgliedsstaaten vorgegebenen Sprache gemacht werden müssen. Das ist in der Regel die Sprache des Landes, in dem das kosmetische Mittel für den Endverbraucher bereitgestellt wird (vgl. für Deutschland § 4 der deutschen KosmetikV). Organisatorische oder finanzielle Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Vorgabe gelten nicht als „praktische Unmöglichkeit“, die den Hersteller von seiner Verpflichtung entbindet, die Pflichtangaben in der vorgegebenen Sprache und an den vorgegebenen Stellen am Produkt wiederzugeben.

Kosten, die durch eine neue Kennzeichnung in einer anderen Sprache für dieVermarktung in anderen Mitgliedsstaaten entstehen, können nach Auffassung des EuGH nicht als Rechtfertigungsgrund für eine unvollständige Kennzeichnung des kosmetischen Mittels auf dem Behältnis und der Verpackung angesehen werden.

Die Vorgaben des EuGH stellen die Hersteller und Anbieter von Kosmetikprodukten vor erhebliche Herausforderungen bei der Gestaltung der Behältnisse und Verpackungen, insbesondere im Hinblick auf kleinvolumige Abgabemengen, bei denen die Etiketten und Verpackungen wenig Platz bieten, die von der Kosmetikverordnung vorgegebenen Pflichtangaben in leicht lesbarer und deutlich sichtbarer Weise wiederzugeben.

Eine besondere Herausforderung besteht darin, diese Pflichtangaben auch in der jeweiligen Landessprache des EU-Mitgliedsstaats abzubilden, in dem das Produkt dem Endverbraucher angeboten wird. Immerhin gibt es in der EU 24 Amtssprachen, und in manchen Mitgliedsstaaten werden mehrere Sprachen gesprochen. Aufgrund der Vorgaben des EuGH-Urteils werden die Hersteller hier je nach konkreter Produktaufmachung entscheiden müssen, ob für jeden lokalen Markt eine lokale Produktvariante in der Landessprache angeboten wird, oder ob der Platz auf dem Etikett bzw. – in den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen – auf einem dem Produkt unmittelbar beigefügten oder daran befestigten Informationsträger ausreichen, um einen länderübergreifenden Vertrieb eines einheitlich gestalteten kosmetischen Mittels innerhalb der EU unter Berücksichtigung aller relevanten Landessprachen zu ermöglichen. Die bloße Bereitstellung eines dem Produkt nicht beigefügten Katalogs mit den erforderlichen Angaben zum Produkt (und zu anderen Produkten) ist hier nicht ausreichend, selbst wenn auf dem Etikett oder der Verpackung mittels des „Handbuch-Symbols“ auf den Katalog hingewiesen wird.

Bereits 2018 hat das OLG Karlsruhe (Az. 6 U 84/17) entschieden, dass Online-Anbieter kosmetischer Mittel die Pflichtangaben zu Inhaltsstoffen in die Artikelbeschreibung aufnehmen müssen. Dies ist in der Kosmetik-VO der EU zwar so nicht geregelt, aber die Karlsruher Richter hielten es aus wettbewerbsrechtlichen Gründen für geboten, dass dem Online-Kunden dieselben Informationen für die Kaufentscheidung zur Verfügung gestellt werden müssen wie dem Kunden im Ladengeschäft. Soweit die Pflichtangaben auf der im Online-Shop abgebildeten Verpackung nicht vollständig und deutlich lesbar sind, müssen diese Angaben daher im Online-Angebot gesondert wiedergegeben werden.

ZENK berät Sie gerne zu entsprechenden Fragen der Produktgestaltung.