Grüße aus dem Urlaub – AUB statt Postkarte?

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08. August 2022

Grüße aus dem Urlaub - Wenn statt der Postkarte die AU-Bescheinigung kommt

Die Sonne scheint, das Meer und die Strandbar sind nur einen Katzensprung entfernt, aber anstatt mit einem Buch unter Palmen wird der Urlaub mit Schüttelfrost und Fieber im Bett verbracht. Das Bundesurlaubsgesetz verspricht: Tage, in denen Arbeitnehmer:innen im Urlaub erkrankt sind, werden auf den Urlaub nicht angerechnet. Vorausgesetzt, diese Tage sind durch ärztliches Zeugnis nachgewiesen.

Aber was ist im Zusammenhang mit sog. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AUB) aus dem Ausland und insbesondere auch während der Urlaubszeit zu beachten? Wann und unter welchen Voraussetzungen muss der/die Arbeitgeber:in solche AUBs anerkennen? Was ist hinsichtlich des Inhalts, der Sprache und der Form zu beachten? Und was passiert, wenn die Erkrankung länger dauert als der gewährte Urlaub?

Welche inhaltlichen Anforderungen muss eine im Ausland ausgestellte AUB erfüllen?

Eine im Ausland ausgestellte AUB muss folgende zwingende inhaltliche Vorgaben erfüllen (vgl. BAG vom 01.10.1997 – 5 AZR 499/96 und vom 19.02.1997 – 5 AZR 83/96):

  • Sie muss datiert sein. Eine Rückdatierung darf nur in Ausnahmefällen und nur nach gewissenhafter Prüfung um längstens drei Tage vorgenommen werden.
  • Sie muss den Namen des/der Patient:in aufführen.
  • Es muss der Unterschied zwischen einer Erkrankung und einer Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt worden sein. Die bloße Feststellung der Erkrankung genügt nicht.
  • Die prognostische Dauer der Arbeitsunfähigkeit muss dokumentiert sein.

Welche formalen Anforderungen muss eine im Ausland ausgestellte AUB erfüllen?

Eine Regelung, dass AUBs nur in der deutschen Sprache Gültigkeit haben, gibt es nicht. Es ist daher nicht zwingend erforderlich, dass die AUB in deutscher Sprache abgefasst werden muss (vgl. LAG Düsseldorf vom 30.03.2012 – 6 Sa 1358/11; LAG Rheinland-Pfalz vom 24.06.2010 – 11 Sa 178/10). Letztlich kommt es auf die inhaltliche Vollständigkeit der AUB an, nicht auf die Sprache. Grundsätzlich gilt, dass eine AUB nur von einem approbierten Arzt/Ärztin ausgestellt werden darf. Ausgeschlossen sind damit medizinisches Hilfspersonal oder Heilpraktiker. Die AUB muss schriftlich abgefasst und eigenhändig unterschrieben sein. Der ausstellende Arzt kann auch ein eigenes Formular verwenden oder einen individuellen Text formulieren.

Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AUB) muss spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorgelegt werden. Im Einzelfall ist der/die Arbeitgeber:in jedoch berechtigt, bereits früher eine AUB zu verlangen.

Was ist zu beachten, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger dauert als der Urlaub?

Während des Urlaubs hat allein der/die Arbeitnehmer:in ein Interesse an der Anerkennung der von ihm geltend gemachten Tage der Arbeitsunfähigkeit. So besteht bezüglich des Nachweises auch lediglich eine Obliegenheit und keine Pflicht. Fehlt der Nachweis, werden die Tage schlicht auf den Urlaub angerechnet. Weitere Konsequenzen drohen nicht. Setzt sich die Arbeitsunfähigkeit aber über den gewährten Urlaub hinaus fort, so treffen den/die Arbeitnehmer:in die auch im Inland geltenden Mitteilungs- und Nachweispflichten. Insbesondere muss die Adresse am Aufenthaltsort mitgeteilt werden, denn für den/die Arbeitgeber:in besteht grundsätzlich die Möglichkeit, seine erkrankten Beschäftigten im Ausland bei Geltendmachung der Arbeitsunfähigkeit vor Ort ärztlich untersuchen zu lassen.

Hier ist also Vorsicht geboten, denn eine Verletzung dieser Pflichten kann zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen. Der/die Arbeitgeber:in kann nicht nur die Lohnfortzahlung verweigern, sondern möglicherweise auch Schadensersatzansprüche geltend machen, abmahnen oder (bei Wiederholung) sogar kündigen.

Was passiert bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit? Wie steht es um den Beweiswert der AUB aus dem Ausland?

Bereits einer deutschen – alle formalen Voraussetzungen erfüllenden – AUB kommt ein hoher Beweiswert zu, der nur selten erfolgreich erschüttert werden kann. Der Beweiswert einer aus dem EU-Ausland stammenden AUB ist demgegenüber sogar noch gesteigert. Der EuGH verlangt den Nachweis eines betrügerischen oder missbräuchlichen Verhaltens. Im Ergebnis ist die Erschütterung des Beweiswertes bzw. ein „Anzweifeln“ der AUB nur in seltenen Fällen, vorrangig bei formalen Mängeln, erfolgversprechend möglich. Arbeitgeber:innen sollten daher bereits im Vorfeld verhaltenssteuernde Maßnahmen ergreifen.

Diese können in erster Linie informatorischer Art sein. Unter bestimmten Voraussetzungen kommen auch Anweisungen vorab in Frage, wie die Pflicht zur Vorlage der im Ausland ausgestellten AUB bereits ab dem ersten Tag.